Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mahl,
werte Kolleg*innen des Stadtrats, Ortssprecher*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung Bürger*innen, Vertreter*innen der Presse,
zuallererst gilt mein Dank dem Kämmerer und der Finanzverwaltung für die Erstellung der Zahlen. Die derzeitige Situation bringt viele Unwägbarkeiten mit sich, die auch die öffentlichen Haushalte und kommunalen Finanzen beeinflussen: Die Corona-Pandemie, die uns seit zwei Jahren beschäftigt und die für massive finanzielle Verschiebungen gesorgt hat. Und jetzt, ganz akut, der Krieg Putins gegen die Ukraine, der für höhere Energiepreise und unklare wirtschaftliche Verhältnisse sorgt. Im Fokus steht dabei aber auch das humanitäre Leid, dass dieser Krieg mit sich bringt. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Ich danke hier allen, die sich bei der Aufnahme und Betreuung von Geflüchteten engagieren. Ich freue mich, dass die Hilfsbereitschaft so groß ist. Die finanzielle Bewältigung, insbesondere der Unterbringung schultern die Landkreise, dass wir aber auch in unserem Haushalt einen entsprechenden Posten für Ausgaben vorsehen ist das politische Zeichen, unbürokratisch das eine oder andere vor Ort zu ermöglichen.
Jetzt einen guten Übergang hinzubekommen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Es zeigt sich aber eben auch an dieser Stelle, dass der Haushalt neben den laufenden Tätigkeiten die politischen Absichten unseres Gremiums widerspiegeln soll, dazu einige Anmerkungen:
Stadtentwicklung
Ein entscheidendes Werkzeug, um unsere Stadt zukunftsfähig zu machen ist die Stadtentwicklung. Es geht darum, den Blick auf das große Ganze zu werfen – letztendlich geht es um Resilienz, also um Widerstandskraft in einer sich schnell ändernden Welt. Es geht aber auch darum, die Stadt als positive Marke zu etablieren, bzw. zu stärken, die uns auch dabei hilft attraktive Betriebe in die Stadt zu holen und eine starke Marke zu sein, die den Unternehmen hilft, Mitarbeitende gewinnen zu können. Ein lebenswertes Umfeld ist dafür heute wichtiger denn je.
Ein Stadtleitbild ist dabei weit mehr als ein „Wünsch-Dir-Was“ es geht um ein echtes Zukunftskonzept, das hilft Maßnahmen der kommenden Jahre dahingehend abzuprüfen: Zahlen Sie auf unsere Entwicklungsziele ein oder nicht?
Das letzte Stadtleitbild ist rund zwanzig Jahre alt, es ist an der Zeit zu evaluieren: Was ist seitdem passiert? Was wurde umgesetzt? Und warum wurden Ideen nicht umgesetzt?
Der Stadtrat ist sich einig, dass wir unser Stadtleitbild fortschreiben wollen, ebenso einig sind wir uns, dass dies professioneller Begleitung bedarf. Der aktuelle Ansatz im Haushalt über lediglich 10.000,- Euro erscheint uns hier deutlich zu wenig und kann sicherlich nicht den gesamten Prozess abdecken.
Uns ist es wichtig, dass wir hier jetzt zügig in die Arbeit einsteigen, eine breite Beteiligung ist uns von Anfang an wichtig! Es muss jetzt ein Lenkungsgremium mit Stadtrat, Bürgermeister und Verwaltung gebildet werden, das den Rahmen abstimmt und ein geeignetes Fachbüro für die Begleitung des Prozesses findet. Im weiteren Verlauf muss die Öffentlichkeit eine wichtige Rolle spielen – Bürgerinnen und Bürger, Einzelhandels- und Gewerbebetriebe, Vereine und Verbände, die Schulen müssen aktiv in die Erstellung des Leitbilds integriert werden. Der Haushaltsansatz muss dann entsprechend aufgestockt werden.
Wohnbau und Verkehr
Zur weiteren Entwicklung unserer Stadt gehört auch die Wohnbauentwicklung, Schaufensteranträge sind das eine, was wir brauchen ist insgesamt mehr Engagement und straffe Zeitachsen. Wenn es uns wirklich darum geht zusätzlichen Wohnraum zur Verfügung zu stellen müssen wir handeln. Wir haben bereits ausführlich darüber gesprochen das Innenentwicklungspotential durch die Überarbeitung der Bebauungspläne zu stärken. Wir plädieren nochmals dafür, den Prozess nicht zu lange zu ziehen. Uns ist es wichtig, dass keine Ungleichzeitigkeit und damit Unsicherheit bei den Grundstücksbesitzer*innen entsteht. Die Entwicklung weiterer Wohnbauflächen mit klaren Vorgaben für den einkommensorientierten Wohnungsbau (Verweis auf 30 Prozent Regelung) muss aber ebenso vorangetrieben werden. Dazu braucht es den Austausch hier im Gremium – das hätte, wie bereits gefordert, Thema der Klausur im Herbst sein müssen. Es kam anders, daher müssen wir uns dem Thema jetzt so schnell als möglich annehmen um einen Planungshorizont für viele, gerade junge Menschen zu schaffen, die aktuell auf der Suche sind, aber nichts finden, oder es sich schlicht nicht leisten können. Unser Ziel muss es sein, junge Familien in Hilpoltstein zu halten.
Ein zweites Zukunftsthema ist der Bereich Mobilität, die Umsetzung des Radwegekonzepts entlang des Altstadtrings ist der Schlüssel zu einer intelligenten Steuerung des Verkehrs und zu mehr Sicherheit für alle am Verkehr Teilnehmenden. Finanzmittel sind das eine, das Gespräch mit dem StBAN das andere.
Jetzt vom Bürgermeister wieder zu hören, dass es dieses Jahr gar nichts wird und nächstes Jahr nicht gleich lässt mich etwas fassungslos zurück. Die Planungen liegen seit zwei Jahren auf dem Tisch, die qualifizierte Verkehrserhebung seit einem Jahr. Da frage ich mich schon: Stimmt die Priorisierung? Ich habe schon vor einem Jahr angemahnt: Wir werden unglaubwürdig, wenn wir Verbesserungen versprechen, dann aber nichts tun. Was ist seit dem passiert? Als Stadtrat sehen wir da seitens des Bürgermeisters kein großes Interesse. Informationen kommen immer nur auf Nachfrage und auch dann wird immer nur auf anstehende Gespräche verwiesen – das reicht mir nicht und das reicht auch den Bürgerinnen und Bürgern nicht.
Ähnlich geht es mir auch mit der Entwicklung der Ortsteile und hier insbesondere mit Meckenhausen: Die Vorbereitungen für die Umgestaltung der Ortsdurchfahrt Meckenhausen, müssen jetzt laufen, es braucht einen breiten Bürger*innendialog – Corona darf uns da nicht als Ausrede dienen und die Planungen für Wasserleitungen und Abwasserkanäle können parallel vorangetrieben werden, ebenso die Planungen im Bereich Hochwasserschutz.
Es ist absolut wichtig, dass wir uns den extremen Wetterlagen anpassen und entsprechende Planungen aufnehmen. Wir sollten uns aber nicht den Luxus leisten, immer nur eines nach dem anderen zu planen. Die unterschiedlichen Planungen für Hochwasserschutz, Wasserver- und Abwasserentsorgung und für die Gestaltung des Straßenraums müssen parallel laufen und eng ineinander greifen.
Auch hier gilt, wir können nicht Versprechungen machen und dann alles auf die lange Bank schieben! Der aktuelle Haushalt zeigt aber genau das.
Noch einmal kurz zurück zum Thema Mobilität, neben der Frage nach Wohnraum und den Energiekosten, wird Mobilität gerade im ländlichen Raum eine der Zukunftsfragen sein. Der Elektrifizierung der Gredl-Strecke und der Einbindung in die S-Bahn Nürnberg kommt da für Hilpoltstein besondere Bedeutung zu. Es ist daher richtig und wichtig, dass wir zusammen mit der Kreisstadt Roth und dem Landkreis den nächsten Schritt gehen und eine notwendige technische Studie in Auftrag geben.
Flächennutzung und Flächenverbrauch
Ich bin froh, dass wir im Konsens den Ansatz für den Grunderwerb für Gewerbegebiete von unambitionierten 100.000,- Euro auf 500.000,- Euro anheben konnten. Ich sehe das auch als klarer Auftrag an Bürgermeister und Verwaltung, insbesondere wo für diesen Bereich ja zusätzliche Unterstützung in der Verwaltung genehmigt und eine Stelle bereits ausgeschrieben wurde. Zur eingangs angesprochenen Resilienz gehört eben auch, dass wir im Bereich der Arbeitgeber breit aufgestellt sind, das sichert die Einnahmen aus der Gewerbesteuer auch in turbulenten Zeiten und mindert die Gefahr von großen Ausfällen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ganz bewusst das Thema Flächenverbrauch ansprechen – die Nachfrage nach Flächen ist hoch, für Wohnbau und Gewerbe, für Verkehrswege und auch für die Energiegewinnung. Der Krieg in der Ukraine und die darauffolgenden Sanktionen zeigen, um diplomatisch unabhängig agieren zu können müssen wir uns unabhängiger von Öl- und Gas machen, die CO2-freie Stromproduktion steht somit nicht nur aus ökologischen Gesichtspunkten im Fokus. Ohne Freiflächenphotovoltaikanlagen wird das nicht gelingen. Wir haben hier viele Flächen auf den Weg gebracht. Wichtig war und bleibt dabei das landwirtschaftliches Härtefallpotential. Sollte sich im laufenden Verfahren herausstellen, dass Flächen ungeeignet sind und die Auswirkungen auf Feld und Flur nicht im Verhältnis stehen, kann dies auch ein Ende der Planungen bedeuten. Die Rückmeldungen betroffener Landwirt*innen, aber auch von Jagdpächter*innen nehmen wir daher ernst. Es darf aber nicht zum St.-Florians-Prinzip kommen: „Photovoltaik ja, bitte, aber nicht vor meiner Haustüre“. Das kann es nicht sein. Und insgesamt gilt auch hier: „Innen vor außen“. Das heißt, wir müssen als Gesellschaft alles tun, ohnehin versiegelte Flächen auch für die Stromgewinnung zu nutzen. Als Stadt können wir im Bestand nur für eine entsprechende Nutzung werben – Flächen, z.B. auf großen Parkplätzen, wären genug vorhanden. Bei der Überarbeitung von Bebauungsplänen muss es unser Ziel sein, Solaranlagen wo es nur geht zu fordern.
Schulentwicklung
Neben dem Bereich der Kindertagesstätten, hier ist in den letzten Jahren viel passiert und passiert aktuell viel – Stichwort Dorotheenhöhe und Meckenhausen – ist es der Bereich der Schule, den wir wieder verstärkt in den Fokus nehmen müssen. Im Bereich der Digitalisierung ist, gerade auch während Corona, viel investiert worden. Hier sind wir auf einem guten Weg. Den Neubau der Turnhalle und des Lehrschwimmbeckens haben wir auf den Weg gebracht. Es geht aber sehr schleppend voran. Noch vor einem Jahr ist das Fachbüro von einem Baubeginn im Sommer 2022 ausgegangen, aktuell sind wir davon weit entfernt und es dauert einfach zu lange. Wir dürfen dieses wichtige Projekt für den Schulstandort Hilpoltstein nicht immer auf die lange Bank schieben. Ja, wir verlangen der Stadtverwaltung mit den unterschiedlichen Projekten einiges ab, wir waren gerade in den letzten Jahren ja aber auch immer bereit entsprechende Stellen zu schaffen und zu besetzen, wie erst jüngst im Bereich der Liegenschaftsverwaltung.
Der dritte Aspekt im Bereich der Schulen ist das Thema Ganztagesanspruch. Wir müssen hier in den Austausch über die weitere Entwicklung der beiden Grundschulen treten: Welche Räume stehen zur Verfügung? Wo besteht Erweiterungsbedarf? Und wie kann den Anforderungen begegnet werden? Die Schulleitungen sind hier bereits aktiv und ich bin dankbar, dass wir so engagierte Schulleitungen haben, denen die positive Entwicklung ihrer Schulen so am Herzen liegt. Als Sachaufwandsträger sind wir daran ebenso interessiert und wollen in den gemeinsamen Austausch eintreten, hier müssen wir noch viel auf den Weg bringen.
Zusammenfassend kann ich nur noch einmal sagen: Wir brauchen den kollegialen Austausch im Gremium, wir brauchen das Ringen um die besten Lösungen und wir brauchen ein Miteinander in den Entscheidungen. Wir dürfen Corona nicht als Ausrede dafür nutzen, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger nicht möglich ist. Wir dürfen Corona nicht als Ausrede nutzen, dass wir uns im Gremium nicht intensiv mit den Zukunftsfragen unserer Stadt und ihrer Ortsteile befassen. Das Abarbeiten des Tagesgeschäfts reicht eben nicht aus. Wir stimmen dem Haushalt daher zu, sehen an vielen Stellen aber noch Entwicklungsbedarf.